Nach Jahren der Entwicklung, Testung, Verbesserung und zahlreichen Erprobungen wurde unser Verfahren zur Tätigkeitsanalyse und -gestaltung bei mentalen Arbeitsanforderungen (TAG-MA) am 01.03.2021 beim Asanger Verlag veröffentlicht. Mit dieser Veröffentlichung ist unser bedingungsbezogenes Beobachtungsinterview nun für alle Interessenten zugänglich. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gestaltung guter Arbeit.
Was ist das Besondere am TAGMA?
Die Bewertungsgrundlage erfolgt anhand fest definierter norm-, rechts- und leitlinienorientier Standards. Durch verankerte Skalen erfolgt die Einstufung unabhängig von der individuellen Wahrnehmung der Arbeitenden.
Für die Ableitung von Gestaltungserfordernissen sind für jedes Arbeitsmerkmal Mindestprofile verfügbar, welche eine beeinträchtigungsfreie Gestaltung der Arbeit ermöglichen.
Die Auswertung ist standardisiert und erfolgt anhand eines intuitiven Ampelsystems.
Es wird eine personenunabhängige Beurteilung der Arbeit ermöglicht. Besonders im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist dies wertvoll.
Der TAG-MA erfüllt die Kriterien der höchste Präzisionsstufe der Arbeitsanalyse nach DIN EN ISO 10075.
Die Gestaltungsmaßnahmen lassen sich direkt bei der Analyse der jeweiligen Arbeitsstellen ableiten.
Warum das TAGMA?
Im Zusammenhang mit der Entwicklung der heutigen und zukünftigen Arbeitswelt fallen häufig Schlagworte wie Digitalisierung, Flexibilisierung, New Work, Führung von virtuellen Teams etc. Dahinter steht der Versuch, die sich stetig durch die Digitalisierung und Vernetzung von Arbeitsmitteln, Arbeitsgegenständen und Menschen verändernde Arbeitswelt zu beschreiben. Aktuell werden technische Systeme und Technologien vorrangig aus Sicht technischer und wirtschaftlicher Machbarkeit entwickelt. Dass sich daraus Veränderungen der menschlichen Arbeit ergeben, wird i. d. R. nicht oder nur unter spezifischen Gesichtspunkten berücksichtigt (z. B. der Flexibilisierungsmöglichkeit von Arbeit, Vermeidung von Fehlern, die man den Menschen zuschreibt oder effizienterer Arbeitsausführung). Dabei fehlt die Perspektive der menschengerechten Arbeitsgestaltung. In der Folge treten immer wieder paradoxe Ergebnisse auf. Dazu zwei Beispiele:
Die Übernahme von Teilaufgaben durch Softwarelösungen kann einzelne Arbeitsschritte effizienter machen und dabei gleichzeitig die Nutzung der Fähigkeiten des Menschen im Gesamtprozess behindern. Letzteres führt wiederum zu einer Effizienzminderung.
Wie können wir diesen Widersprüchen begegnen? Die gute Nachricht ist, dass das Verhältnis von Technik und Arbeit nicht bedingungslos vorgegeben ist. Es kann und muss aktiv mitbestimmt werden. Ziel sollte dabei eine lern- und gesundheitsfördernde Arbeitsgestaltung sein, die es dem Menschen erlaubt, sich anzupassen, weiter zu entwickeln und dabei gesund zu bleiben sowie letztlich effizient zu sein. Hierfür müssen aus wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Arbeits- und Organisationsgestaltung, zum Arbeitsschutz psychischer Belastungen und aus den Kognitionswissenschaften Gütekriterien für die Gestaltung von Arbeit so abgeleitet werden, dass sie in der Praxis als Grundlage für die Analyse, Bewertung und Gestaltung von Arbeit nutzbar sind. Außerdem werden Instrumente benötigt, welche in der Praxis für die Analyse und Gestaltung von Arbeit eingesetzt werden können und diese Gütekriterien berücksichtigen.
Wir haben dafür das Verfahren zur Tätigkeitsanalyse und -gestaltung bei mentalen Arbeitsanforderungen - TAG-MA entwickelt. Es basiert auf einer grundlegenden Überarbeitung und Neufassung des bereits in den 80er und 90er Jahren entwickelten Tätigkeitsbewertungsverfahren (TBS; vgl. verschiedene TBS-Varianten bei Hacker, Fritzsche, Richter & Iwanowa, 1995) und mehrjähriger Erprobung zur Klärung methodischer, wissenschaftlicher und betrieblich-praktischer Fragestellungen. Das Verfahren zur Tätigkeitsanalyse und -gestaltung bei mentalen Arbeitsanforderungen - TAG-MA ist das erste und einzige psychologische Arbeitsanalyseverfahren, mit welchem die Güte der Arbeit erfasst und anhand international und national geltender ISO-, EN- bzw. DIN-Normen sowie dem Arbeitsschutzgesetz bewertet und gestaltet werden kann.
Das vorliegende Manual hält neben theoretischem Wissen insbesondere praktisches Wissen bereit. Wir stellen dar, was unter „guter Arbeit“ verstanden wird und was sie auszeichnet. Anschließend beschreiben wir, welche Arbeitsmerkmale auf welche Weise analysiert werden können und geben konkrete praktische Hinweise zur Umsetzung einer Arbeitsanalyse – das heißt, wir erörtern, wie Merkmale der Arbeit gesundheitsgerecht und persönlichkeitsförderlich gestaltet werden können.
Während der Konzeption und Erstellung des Verfahrens zur Tätigkeitsanalyse und -gestaltung bei mentalen Arbeitsanforderungen - TAG-MA standen wir im stetigen Austausch mit unseren Praxispartnern und haben zahlreiche Rückmeldungen, Kommentierungen und Hinweise von fachlichen Kolleg*innen, betrieblichen Kooperationspartnern, studentischen Wissenschaftler*innen sowie Erfahrungen aus dem praktischen Einsatz erhalten. Für die zahlreichen Ideen möchten wir uns herzlichst bedanken. Diese Rückmeldungen haben wir in den Jahren der Entwicklung eingearbeitet und berücksichtigt.
Wir möchten Sie nun dazu einladen, mit unserem Verfahren die Arbeit und ihre Merkmale zu verstehen, zu bewerten und zu gestalten!
Was bietet das TAGMA?
Die psychologische Arbeitsanalyse mit Hilfe des Verfahrens zur Tätigkeitsanalyse und -gestaltung bei mentalen Arbeitsanforderungen - TAG-MA ist auf die regulierenden psychischen Vorgänge von Arbeitstätigkeiten und ihre Struktur konzentriert. Theoretische Grundlage für das Verfahren bildet die Handlungsregulationstheorie. Diese beschreibt die psychische Regulation von Tätigkeiten und berücksichtigt dabei die zugrundeliegende Struktur. Als Ausgangspunkte von Tätigkeiten werden deren Auftragsinhalte und Ziele definiert. Das Verfahren enthält eine einleitende Beschreibung zum Vorgehen bei der Arbeitsanalyse sowie notwendige Datenquellen.
Das Verfahren zur Tätigkeitsanalyse und -gestaltung bei mentalen Arbeitsanforderungen - TAG-MA besteht aus verzahnten Skalen, die den folgenden drei Merkmalsbereichen zugeordnet sind:
• Teil A: Arbeitsinhalt und erforderliche kognitive Leistungen
• Teil O: Organisation und Verantwortung
• Teil L: Externe Lernerfordernisse und interne Lernmöglichkeiten
Das besondere und einzigartige am Verfahren zur Tätigkeitsanalyse und -gestaltung bei mentalen Arbeitsanforderungen - TAG-MA ist, dass die Bewertungsgrundlage norm-, rechts- und leitlinienorientiert ist. Die Bewertung erfolgt anhand fest definierter Anker, nicht aufgrund der individuellen Wahrnehmung!
Das TAG-MA-Verfahren berücksichtigt als Bewertungsgrundlagen die:
• DIN EN ISO 6385 (2016),
• DIN EN ISO 9241-110 (2016)
• DIN EN ISO 9241-210 (2010),
• DIN EN ISO 9241-220 (2017)
• das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG §5(3), 2013)
• das Arbeitszeitgesetz (ArbZG, 1994, zuletzt geändert 2016)
• sowie die Leitlinien der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA, 2012).
• und die Grundsätze und Anforderungen an Verfahren zur Messung und Erfassung psychischer Arbeitsbelastung in (2004) sowie die DIN SPEC 33418 (2014).
Das TAG-MA ist dadurch das ideale Werkzeug zur Gestaltung effizienter, beeinträchtigungsfreier sowie lern- und innovationsförderlicher Arbeit. Kontaktieren Sie uns bei Fragen zu dem Verfahren oder generellem Interesse an Themen der Arbeitsanalyse, -bewertung und -gestaltung.
Link zum Verfahren: https://www.asanger.de/titeluebersicht/arbeitbetrieb/taetigkeitsanalyse-b-mentalen-arbeitsanforderungen.php
Quelle:
Rau, R., Schweden, F., Hoppe, J. & Hacker, W. (2021). Verfahren zur Tätigkeitsanalyse und -gestaltung bei mentalen Arbeitsanforderungen. Kröningen: Asanger.
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